Manch einer tränkt Kälber rationiert, andere schwören auf Milch zur freien Verfügung. Kälberfütterung ist ein vieldiskutiertes Thema, beinhaltet es doch eine Brandbreite an verschiedenen Möglichkeiten. Prof. Dr. Anke Schuldt und Dr. Regina Dinse von der Hochschule Neubrandenburg haben den Zusammenhang von Tränkemenge und dem Verhalten der Kälber untersucht. Wir zeigen Ihnen die Ergebnisse.
Das Vertränken von mehr Milch in den ersten Lebenswochen hat sich auf vielen Betrieben durchgesetzt. Die Zutaten dafür: höhere Tränkekonzentrationen von 140 bis 160 g Milchpulver pro Liter Wasser, hochwertiger Milchaustauscher mit viel Magermilchpulver bei gleichzeitig hohen täglichen Tränkemengen bis hin zur ad libitum-Tränke. Die Gründe dafür sind vielfältig: gesündere Kälber, höhere tägliche Zunahmen sowie gesunde und leistungsfähige Kühe. Sehr hohe Tränkemengen für die sogenannte „Metabolische Programmierung“ erhalten Kälber jedoch häufig nur in den ersten drei bis vier Lebenswochen.
Die beiden Wissenschaftlerinnen Prof. Dr. Anke Schuldt und Dr. Regina Dinse von der Hochschule Neubrandenburg haben sich aus Tierwohlsicht mit der Frage der täglichen Milchmenge und Tränkedauer beschäftigt. Die praktischen Untersuchungen dazu fanden an drei Milchviehbetrieben statt. In der Gruppenphase auf Stroh erhielten alle Kälber die Milch über Tränkeautomaten.
Die Wissenschaftlerinnen verglichen das Verhalten der Kälber mit anderen Untersuchungsergebnissen aus der muttergebundenen Aufzucht, wie zum Beispiel der Mutterkuhhaltung, um das Verhalten der Kälber bewerten zu können. In der muttergebundenen Aufzucht haben Kälber einen festen Tagesrhythmus: Für 13 bis 18 Stunden zeigen die Kälber Liegeverhalten (schlafen, ruhen, wiederkäuen). In der übrigen Zeit sind die Kälber aktiv (Sozial-, Erkundungs- und Spielverhalten oder Milch-, Futter- und Wasseraufnahme).
Bei der Mutterkuhhaltung finden Besuche ohne Tränkeanrecht (Blindbesuche) systembedingt nicht statt. Ebenso wenig tritt ein gegenseitiges Besaugen der Kälber auf. Damit weichen Blindbesuche und gegenseitiges Besaugen vom Normalverhalten ab.
Bei den Blindbesuchen werden in der Studie die größten Unterschiede deutlich: Kälber mit einem hohen Tränkeanrecht von 12 Litern suchten den Tränkeautomaten nur kurz beziehungsweise von der 3. bis 7. Lebenswoche nur 2,7 Mal täglich erfolglos auf. Bei den Kälbern mit 10 Liter Milchmenge registrierten die Wissenschaftlerinnen 7,2 Blindbesuche und bei den Kälbern mit nur 8 Liter Milchmenge sogar 11,7 Blindbesuche. Bei den 12 Liter-Kälbern steigt die Häufigkeit der Besuche ohne Tränkeanrecht ab der 8. Lebenswoche (Abtränkphase) an, bleibt aber deutlich unter dem Durchschnitt der beiden anderen Gruppen.
Die Kälber mit 12 Liter Tränkeanrecht besaugten nur sehr vereinzelt und kurzzeitig. In der 8 Liter-Gruppe trat das gegenseitige Besaugen bei allen Kälbern auf. Häufig besaugen die Kälber nach dem Ruhen, vor und nach dem Fressen oder bei sonstiger Beschäftigung. Nur etwa die Hälfte der Besaugvorgänge steht in direktem Zusammenhang mit Besuchen an der Abrufstation des Tränkeautomaten mit oder ohne Milchaustauscher-Aufnahme.
.
Für die Praxis empfehlen Schuldt und Dinse die Kälberhaltung und den Tränkeplan so zu gestalten, dass die Kälber ihr natürliches Verhalten weitestgehend ausleben können und Verhaltensabwei- chungen deutlich minimiert sind. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist eine Erhöhung des Tränkeanrechts. In den ersten beiden Lebenswochen müssen die Kälber aus Sicht der beiden Wissenschaftlerinnen ein Anrecht auf täglich mindestens 10 Liter Milch haben. Ab der 3. Lebenswoche wird die tägliche Tränkemenge auf 12 Liter erhöht und bis zum 49. Lebenstag vertränkt. (Abbildung 1). Danach erfolgt das Abbtränken bis mindestens Ende der 10. Lebenswoche.
Ortmann-Sternberg
Dorfstr.9
14806 Planetal OT Kranepuhl
website www.ortmann-sternberg.de
mail info [ät] ortmann-sternberg.de